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05.12.10 Der "Skandal" um die grüne Presseerklärung
Geschrieben von: Karl Fr. Eckhardt   

in einer Presseerklärung der Grünen Partei äußerte sich diese kritisch zu Peter Rosenbaum, kritischer noch zu der noch nicht rechtskräftigen Verurteilung Rosenbaums im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen die Startbahnverlängerung des Flughafens Braunschweig-Wolfsburg.

Dass Staatsanwaltschaft und Richter im Wesentlichen der Argumentation des Oberbürgermeisters gefolgt sind, finden wir hierbei bemerkenswert.

schrieben die Grünen unter anderem in ihrer Presseerklärung vom 25.11.2010.

Oberbürgermeister Hoffmann ließ die Presseerklärung über das Internet-Portal der Stadt verbreiten und mancher fragte sich, warum. Rundum Erstaunen löste aus, dass der Oberbürgermeister von Braunschweig, Mitglied der CDU, von dieser Partei als OB-Kandidat vorgeschlagen, gewählt und der Partei insoweit doch auch verpflichtet, eine Presseerklärung von Bündnis 90/Die Grünen an prominenter, oberster Stelle der Internet-Seite der Stadt unkommentiert veröffentlichte. Matthias Witte fragte sich etwa, ob OB Hoffmann klammheimlich (nicht einmal die Braunschweiger Zeitung hatte Wind davon bekommen) aus dem Amt geputscht sei oder ob er sich, mit der Presseerklärung als Brautgeschenk, bei den Grünen beliebt machen wollte, um so "auf subtile Weise" eine schwarz-grüne Koalition vorzubereiten? - Oder tanzte da einfach eine grüngefärbte Punkmaus auf dem Tisch, weil Gert, der schwarze Kater, seinen Geschäften außer Haus nachging?

Inzwischen weiß man: Nichts von alledem.

Die Presseerklärung wurde von der Stadtverwaltung allgemein verbreitet, weil Oberbürgermeister Hoffmann den oben zitierten Satz als absolut skandalös bewertet hatte. Noch einmal der Satz des Anstoßes:

Dass Staatsanwaltschaft und Richter im Wesentlichen der Argumentation des Oberbürgermeisters gefolgt sind, finden wir hierbei bemerkenswert.

Skandalös sei hier die Verwendung von "folgen". Entscheidend für die Bewertung der Aussage als Skandalon sei aber auch - warum, wird nicht erläutert - dass als "bemerkenswert" eingestuft sei, wenn Staatsanwaltschaft und Richter der Argumentation des Oberbürgermeisters folgen würden.

Erst einmal zu "bemerkenswert":
Es ist in der Tat bemerkenswert, wenn ein in 17 Fällen Angeklagter auch in allen 17 Fällen - vorläufig - verurteilt wird. Wenn ein Fußballspieler 17 mal auf das Tor schießt und der Schiedsrichter 17 mal Tor pfeift, dann ist das in jedem Fall höchst bemerkenswert, ein anrüchiges Verhältnis zwischen Schiedsrichter und Torschütze, wie ein Abhängigkeitsverhältnis oder eine Kumpanei (womöglich mit dem Torwart als Drittem im Bunde) wird durch das "bemerkenswert" aber in keiner Weise impliziert.

Zu "folgen".
Im Schnittpunkt von Politik und Rechtsprechung stehen im Wesentlichen zwei Bedeutungen von "folgen":

1.) eine Rede oder Ausführungen verstehen, geistig nachvollziehen
2.) sich nach jemandem oder nach etwas richten, sich davon leiten lassen, gehorchen

Hoffmann und diejenigen, die ihm in dieser Sache folgen, sehen hier ausschließlich die zweite Bedeutung als möglichen Wortsinn. Der Oberbürgermeister unterstellt den Grünen, sie würden mit dem Satz unzweifelhaft sagen, dass sich Staatsanwaltschaft und Richter nach der Spitze der Braunschweiger Stadtverwaltung richten würden bzw. sich von ihr leiten lassen würden. Die Rechtsprechung würde in dem Fall also der Macht, der Politik gehorchen, anstatt dem Recht, den Gesetzen. Dies wäre dann in der Tat ein Skandalon, wenn es denn so wäre.

Die Grünen schreiben aber nicht, dass das Gericht dem Oberbürgermeister (qua Autorität oder Amtsnimbus) folgen würde, sondern seinen "Argumenten". Sie unterstellen also definitiv eine sachliche, argumentative Grundlage der (vorläufigen) Urteilsprechung und nicht eine persönliche (der Politiker als Führer der Rechtssprechung bzw. als ihr Kumpane, eine Kumpanei zwischen Rechtssprechung und Politik begründend). Hoffmann ist also auf die zweite mögliche Bedeutung von "folgen" fixiert. Die Presseerklärung der Grünen gibt dafür aber keinen Anlass. Hoffmanns politische Wurzeln mögen mit dem Denkmuster von Führer und Gefolgschaft den hier für ihn allein möglichen Bedeutungshorizont für das Verständnis von "folgen" im Sinne von "leiten lassen", "sich danach richten", "befolgen" zum Tragen bringen.

Den Grünen ist dieses Denkmuster von ihrer politischen Sozialisation her fremd. Zudem schreiben sie auch, dass Staatsanwaltschaft und Gericht den Argumenten des Oberbürgermeisters nicht unbedingt und total, sondern nur "im Wesentlichen", also differenziert "gefolgt" seien. Aus den Ausführungen der Grünen geht insoweit definitiv und klar hervor, dass "gefolgt" in der ersten Bedeutung von "nachvollziehen" und "verstehen" verwendet wird bzw. gemeint ist.

Und selbstverständlich muss es einem Gericht, in diesem ersten Sinne des Wortes "folgen", auch frei stehen, jeglichen Ausführungen und Argumentationen zu einem umstrittenen Thema zu folgen, gleich ob die Ausführungen von Anwältinnen oder Staatsanwälten, von Oberbürgermeistern oder von Dritten kommen - sofern es die Ausführungen und Argumente für plausibel, angemessen und einschlägig hält.

 

Zu den hier aufgeführten 2 Bedeutungen, vergl. etwa - einhellig - aus der Dudensammlung:
- Deutsches Universalwörterbuch, Bedeutungswörterbuch, Synonymwörterbuch; oder Wahrig:
- Deutsches Wörterbuch, Wörterbuch der deutschen Sprache.

Dabei wird (vergl. etwa Grimm oder Kluge) die erste Bedeutung von "folgen" auch noch als die ursprüngliche, primäre angenommen. Ursprünglich folgte man einer Spur, im Sinne von nachspüren, untersuchen. Erst später sei das Wort dann auf das Folgen eines Heerführers übertragen und damit auch im Sinne eines "Befolgen" auf das Folgen einer befehlshabenden Autorität. 

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P.S. Wenn es in diesem Zusammenhang einen Skandal gibt, dann ist es der, dass ein Justizminister in ein laufendes Justizverfahren einwirkt, indem er die Verurteilung eines Angeklagten vorweg nimmt. "Immerhin gilt der Verurteilte damit als vorbestraft." lässt er den Pressesprecher des Justizministeriums verkünden, obwohl die Berufungsverhandlung noch gar nicht einmal begonnen hat.

Wie kann aber der Richter eines Berufungsgerichtes noch frei urteilen, wenn der Justizminister seines Landes den Schuldspruch in einer offiziellen Presseerklärung schon vorweg nimmt. Es ist kaum denkbar, dass ein Minister sich mehr für sein Amt disqualifiziert als hier Justizminister Busemann.